EIN PODCAST VON
Konrad Isernhagen

REGIE Stefan Filipiak

MODERATION Barbara Klee-Reiter

SPRECHER*INNEN
Franziska Isernhagen
Angelika Isernhagen
Stefan Filipiak
Axel Schmidt

Folge 5

Juli 2023

Der Rausch des Augenblicks oder das Ende der Zeit

Folge 5 Der Rausch des Augenblicks oder das Ende der Zeit

von MOHNBLÜTEN

Das Gestern und Morgen vergessen, nur im Heute leben und den Augenblick genießen… kennen Sie das, löst dieser Gedanke lustvolle Gefühle bei Ihnen aus? Einen glücklichen Moment zu genießen oder einen Rausch des Augenblicks zu erleben ist wohl manchmal ein Bedürfnis jedes Menschen, auch wenn dies für Faust in Goethes Hauptwerk des Teufels ist, wenn er zu Mephisto sagt: „Werd ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen, / Dann will ich gern zugrunde gehn!“
Francis Picabia – einer der Mitbegründer des Dadaismus – setzte einen Kontrapunkt zu Faust: „Leben ohne Morgen. Das Leben des Heute, alles für heute, nichts für gestern, nichts für morgen.“ Ebenso war der Lebensstil der Hippies in den 60´er und 70´er Jahren des 20sten Jahrhunderts auf das Hier und Jetzt angelegt. Die oft durch LSD induzierte Bewusstseinsveränderung sollte Zugang zu verschütteten Bewusstseinsebenen schaffen und das Zeitempfinden aufheben. Der Zeitverlauf sollte seine Bedeutung verlieren. Das Verharren im Augenblick hat auch ohne Drogen etwas trance- bzw. rauschhaftes. Besonders im Zen-Buddhismus ist die meditative Kontemplation etwas ganz Zentrales, und diese Art der trancehaften Kontemplation hat Eingang in unsere westliche Kultur gefunden.
In der Musik ist Zeit definiert, sie ist organisierter Klang, organisiert durch die Komponierenden und organisiert in seiner zeitlichen Abfolge. In Musik und Literatur vergeht Zeit, manchmal gedehnt, manchmal gestaucht. Also kommen wir auch beim Klang des Augenblicks an der Zeit also dem Bezug zu Vergangenheit und Zukunft nicht vorbei. Man kann Klang für den Augenblick pressen oder dehnen, aber an der Zeit kommt man nicht vorbei. Diesen teilweisen widersprüchlichen Aspekten möchten wir in dieser Folge unseres Podcast nachspüren. Mit Literaturbeispielen u. a. von Gottfried Keller über Marcel Proust bis zu Jack Kerouac und Musik von Solage über Eric Satie, B. A. Zimmermann bis zu Dietmar Bonnen und der elektronischen Musik von Ludger Brümmer möchten wir Ihr Zeitgefühl aufheben und vielleicht auch Sie den Rausch des Augenblicks erleben lassen.

Literaturnachweise:

Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Suhrkamp Taschenbuch 4830,
ISBN 978-3-518-46830-2

Jack Kerouac: Unterwegs, Rowohlt Taschenbuch Verlag,
ISBN 978-3-499-22225-2

Théophile Gautier: Der Haschischklub. Phantastische Erzählungen, Ripperger & Kremers,
ISBN 978-3-943999-31-0

Heinrich Böll: Der Zug war pünktlich, dtv, ISBN: 978-3-423-00818-1

Thomas Mann: Der Zauberberg, Fischer Taschenbuch Verlag,
ISBN 978-3-596-90416-7

Gottfried Keller: Die Zeit geht nicht, https://www.deutschelyrik.de/die-zeit-geht-nicht.621.html

 

Musik

 

Morton Feldman: Triadic Memories. Pascale Berthelot (Klavier), Label: Cuicatl

Solage: Fumeux fume par fumee. Huelgas Ensemble, CD The Art of the Cigar,
Label Dhm (Sony Music)

Franz Schubert, Klaviersonate B – Dur; D 960, Satz 1, Molto moderato, Alfred Kitchin, Klavier,
Label: Thorofon

Dietmar Bonnen: Ryoan-ji. Alexei Aigui Violine; Lothar Burghaus Bassklarinette; Hans-Martin
Müller Flöte; Olaf Reddemann Altsaxophon; Dietmar Bonnen Akkordeon; Zom Gerke
Perkussion. CD Das Licht im Dunkel der Wolke, Label Obst-music, www.obst-music.com

Ludwig van Beethoven: Hammerklaviersonate Op. 29, B-Dur, 1. Satz, Allegro, Steven Osborne
(Klavier), Label Hyperion

Ludger Brümmer: Falling. CD Spheres of Resonance, Label Wergo

Erik Satie: USPUD, Reinbert de Leeuw (Klavier), Etcetera Records

John Cage, Études Australes, Book 3: Étüde 17, Sabine Liebner (Klavier), Wergo

Georg Friedrich Händel: Time is supreme aus: The Triumph of Time & Truth, Ludus baroque,
Sophie Bevan, Mary Bevan, Tim Mead, Leitung Richard Neville-Towle, Delphian Records

Bernd Alois Zimmermann: Requiem für einen jungen Dichter,
Lingual für Sprecher, Sopran- und Baritonsolo, drei Chöre, elektronische Klänge, Orchester,
Jazz-Combo und Orgel nach Texten verschiedener Dichter, Berichte und Reportagen, Phylllis
Bryn-Julson: Sopran / Roland Hermann: Bariton / Lutz Lansemann: Sprecher / Hans Franzen:
Sprecher, Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester, Wiener Rundfunkchor, Manfred-Schoof-
Quintett, Kölner Rundfunkchor, Chor des Norddeutschen Rundfunks, Gary Bertini,
Label Wergo

Ludwig van Beethoven, Trinklied, zum Abschied zu singen, Hermann Prey, Leonard Hokanson
(Klavier)

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